Stillwater ist ein US-Film von Tom McCarthy aus dem Jahr 2021 mit Matt Damon in der Hauptrolle. Damon spielt einen Vater, der von Oklahoma nach Marseille reist, weil dort seine Tochter seit fünf

Jahren wegen Mordes im Gefängnis sitzt.

Der Film entwickelt einen Sog, dem man sich schwer entziehen kann. Damon spielt den Ölplattform-Arbeiter Bill als emotional hölzernen Mann mit eingefrorener Mimik, der aber zu Maya, der kleinen Tochter seiner Vermieterin in Marseille rasch eine innige Beziehung aufbaut. Die Beziehung zur Mutter von Maya, einer Theaterschauspielerin namens Virginie entwickelt sich hingegen viel langsamer.

Nach Gabor Maté ist die Essenz von Trauma, dass es einen limitiert und einengt in den Möglichkeiten und der Art, die Welt zu sehen. (Maté, Gabor (2011). When the body says no. London: Vermilion.)

Wir sehen in diesem Film zwei Menschen (Bill und Virginie) Schritte aufeinander zu machen, gleichsam aus dieser Einengung ausbrechen. Doch beim ersten richtigen Konflikt zerbricht die Beziehung wieder, ohne dass ein Gespräch und eine Wiederannäherung möglich wäre. Das ist ein drastischer und sehr trauriger Moment im Film. Virginie findet heraus, dass Bill hinter ihrem Rücken weitergeforscht hat um die Unschuld seiner Tochter zu beweisen und im Keller eigenmächtig einen Tatverdächtigen eingesperrt hat. Bill hat dabei auch Maya eingespannt. Dies erlebt Virginie als einen derartigen Vertrauensbruch, dass sie Bill ohne weiter nachzufragen oder mit ihm zu sprechen vor die Tür stellt.

Natürlich hat Virginie alles Recht wütend und empört zu sein. Dennoch wirft dieser abrupte Abbruch der Beziehung auch Fragen auf. Beide scheinen nur allzu vertraut mit diesem Ablauf zu sein. So als hätten sie insgeheim so etwas befürchtet. Weder will sie klären, was vorgefallen ist, noch will er erklären, was bei ihm vorgegangen ist. Beide akzeptieren stillschweigend das Narrativ, dass dies der endgültige Bruch ist. Das ist dann der Bogen zum obigen Zitat von Gabor Maté. Wir wissen bei diesen beiden Figuren nicht, welche inneren Überzeugungen und Glaubenssätze sie leiten, aber das Handeln lässt fast keinen anderen Schluss zu, als seien die beiden mit der sehr eingeengten Weltsicht unterwegs, dass eigenmächtiges, selbständiges Handeln unweigerlich zum Beziehungsabbruch führt. Diese Weltsicht schränkt ihr Leben und ihren Handlungsspielraum sehr ein.

Es gibt allerdings in der letzten Szene des Films einen Hoffnungsfunken. Ally, die Tochter von Bill, sagt auf der Terrasse ihres Hauses in Stillwater zu ihm, als sie nach fünf Jahren Gefängnis wieder heimkehrt: “Hier sieht alles noch ganz genau gleich aus, nichts hat sich geändert. Findest du nicht auch?”. Worauf Bill entgegnet: “Nein, Ally, das finde ich nicht. Für mich sieht alles ganz anders aus. Ich erkenne es fast nicht wieder.” Bill hat offenbar durch einen kleinen Spalt einen Blick auf die Welt ausserhalb seines Gefängnisses erhascht. Dieser Spalt hat alles verändert.

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Normalerweise denken wir, dass unser Mitgefühl dazu da ist, dass sich jemand nachher besser fühlt, dass seine/ihre Schmerzen gelindert oder weggenommen werden. H. A. Almaas schreibt aber in seinem

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Was ist eigentlich ein Trauma? Normalerweise stellen wir uns dann ein traumatisches Ereignis vor wie einen Bombenhagel, eine Vergewaltigung, eine Naturkatastrophe.