Eine Grundgefährdung von uns Menschen besteht darin, durch das Urteil von anderen beschämt zu werden. Wer öffentlich beschämt wird (z. B. in sozialen Medien), kann das als Vernichtung erleben. Diese

Empfindung kann derart stark sein, dass nur noch ein Suizid als Ausweg gesehen wird (vgl. den Fall einer Ärztin aus Oberösterreich im August 2022).

Cédric P. (Name geändert) erlebte im Alter von zehn Jahren eine solche Vernichtung in der Schule. Der Lehrer machte im Rahmen des Mathematik-Unterrichts mit der Klasse ein Spiel, bei dem der oder die Schülerin, welche die Aufgabe wusste, die Lösung herausrufen konnte und wenn die Lösung richtig war, einen Platz vorrücken konnte. Nach dem Erreichen des letzten Platzes konnte man früher in die Pause. Cédric liebte dieses Spiel und war meist der erste auf dem Pausenplatz.

Nach einigen Wochen rief der Lehrer die Klasse zu einer Aussprache zusammen und bat alle Schüler, zu sagen, was ihnen an Cédric nicht passte. Die anderen Kinder wendeten sich ausnahmslos gegen Cédric und bezeichneten ihn als Streber.

Cédric war am Boden zerstört, beschämt und völlig allein damit. Es war ein Gefühl vernichtet worden zu sein. Und auch das Gefühl, dass ihn der Lehrer verraten hatte. Daraus entstand ein Hass auf diesen Lehrer, der auch nach Jahrzehnten noch nicht abgeebbt war.

Dass das verurteilt werden durch andere eine Grundgefährdung jedes Menschen darstellt führte ihn viele Jahrzehnte später zur Erkenntnis, dass das Gefühl der Vernichtung weder eine besondere Schwäche von ihm, noch eine besondere Bosheit des Lehrers gewesen war. Dies brachte ihm Erleichterung und führte dazu, dass der Hass auf den Lehrer und die Wut auf die Klassenkamerad*innen verrauchen konnte.

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